Was wäre der Karneval ohne die Piraterie vor Somalias Küste, ohne den Erfolg von „Schäfer Heinrich“? Was würden die Narren nur ohne Wirtschaftskrise und Gasstreit machen? Aber auch die Region bietet den Jecken Themen genug, wie der Karnevalszug am Samstag in Bawinkel bewies. Im Emsland stellt Berentzen die Produktion ein, die HSG Lingen-Nordhorn meldet Insolvenz an, und Bernd Rosemeyer wäre 100 Jahre alt geworden. All das griffen die Karnevalsfreunde beim Umzug in Bawinkel auf.
Beherrscht wurde das närrische Treiben jedoch von diversen Schafherden und Piraten aller Art. Eine besonders kreative Idee hatten die „Bawinkler Piraten“. Ihr seeräuberischer Plan lautete: „Wir kapern das Beck’s Schiff und segeln zur Bacardi-Insel.“
Der Karnevalsclub „die Spaßmakers ut Bawinkel“ nahm als Veranstalter des Umzuges die fehlende hausärztliche Versorgung in der Gemeinde aufs Korn. Die „Plankorther Hexen“ bedauerten die Einstellung der emsländischen Nationalgetränke in Haselünne, wussten sich aber zu helfen. „Das Ende von Berentzen hat uns tief getroffen, ab jetzt wird das Selbstgebraute gesoffen“, mischten sie in ihrem großen Kessel ein seltsames Gebräu an. „Viel Geld floss in die HSG, sponsert es dem MSC“, hielten die Motorsportfreunde aus Lingen 80000 Euro für sinnvoller investiert.
Nichts zu melden hatte am Samstag in Bawinkel die Lingener Tagespost. Die „Kollegen“ vom „Bawinkler Tageblatt“ hatten mit ihren aktuellen Meldungen und Schlagzeilen die Nase im Kampf der Zeitungen einfach vorn. „Michael Ballack demnächst beim SV Bawinkel“ – einen solchen Aufmacher konnte die LT den Bawinklern in ihrer Samstagsausgabe einfach nicht bieten. Ihr Mitarbeiter floh am Samstag vor der medialen Übermacht auf die „Arche Noah“. Unter den vielen vom Aussterben bedrohten Spezies fühlte er sich auf dem Wagen der „Hafensänger“ gut aufgehoben.
„Als wir vor acht Jahren mit einem eigenen Wagen angefangen haben, wollte man uns in Lingen nicht. Heute fragen die uns, jetzt wollen wir aber nicht mehr nach Lingen“, war aus der Gruppe zu hören. Die Stimmung sei in Bawinkel einfach besser.
Von der „Arche Noah“ aus entdeckte man viele „heiße Käfer“ und „flotte Bienen“ entlang des Zugweges. Diese Arten sind in Bawinkel sicherlich nicht vom Aussterben bedroht. Die ganz jungen Mädchen hatten sich überwiegend als „Prinzessin“ verkleidet.
Zugmarschall Herbert Schulten war mehr als zufrieden mit dem Verlauf des Karnevalszuges. „Es ist alles glatt gelaufen und hat allen Spaß gemacht.“
Nach dem Erreichen ihres Ziels tanzten, feierten und flirteten die Jecken auf dem Marktplatz einfach weiter. Gute Laune war angesagt – auch auf der anschließenden Party, die in einem Zelt stattfand. „Bawinkel Helau“ hieß es überall. Die Polizei beurteilte den Umzug ebenfalls positiv. „Es war alles ruhig“, teilte die Polizeiinspektion am Abend auf Rückfrage unserer Zeitung mit. Bleibt zu hoffen, dass die Polizei diese Aussage auch heute Abend nach den Umzügen in Lingen und Emsbüren treffen kann. Zu wünschen ist es im Sinne des Karnevals.